Mündel will Vormund sein

Regie: Davina Siegenthaler
Schauspiel: Martin Casanova, Simon Schwab
Premiere: 22.10.2004, Kellertheater 1230 
Gastspiel: Carré Noir Biel

Im Gegensatz zu anderen sprechlastigen, wortgewandten Stücken von Peter Handke handelt es sich bei Das Mündel will Vormund seinaus dem Jahr 1969 um ein Stück ohne gesprochenen Text. Auf fast 40 Seiten beschreibt der Autor minuziös die Handlung, die auf der Bühne zu vollziehen sei.Zwei Männer – ohne Namen, ohne Herkunft, ohne Identität. Sie treffen aufeinander. Sie treffen in diesem Moment nicht zum ersten Mal aufeinander, sondern tun dies vermutlich täglich. An irgendeinem Tag treffen sie sich also wieder.

„…Der Vormund sieht das Mündel. Der Vormund sieht das Mündel an. Das Mündel isst in Ruhe einen Apfel. Das Ansehen des Mündels durch den Vormund zieht sich hin. Allmählich, wie wir sehen, beginnt sich auch das Essen des Apfels hinzuziehen. Je länger der Vormund schaut, desto langsamer wird das Essen des Apfels. Als der Vormund am längsten geschaut hat, hört das Essen des Apfels auf. …“

Eine mit Spannung geladene Situation – ausgelöst durch die Hierarchie, die ständige, unveränderbare Ungleichheit. Die Handlung wird durch den Drang des Mündels vorangetrieben, aus seiner unausweichlichen Situation auszubrechen und stattdessen die Position seines Gegenspielers anzunehmen, um diesen in die eigene zu versetzen. Gewalt von oben drängt das sich auflehnende Mündel umso mehr ins Abseits…